Die Ziele

  • Erhaltung bewährter samenfester Gemüsesorten

    Seit Jahrzehnten verschwinden offen blühende (samenfeste) Sorten vieler Gemüsearten aus den Katalogen der Saatgutfirmen, und Hybriden dominieren das Saatgutangebot mehr und mehr. Diese Entwicklung wirkt sich nicht nur auf den Anbau und damit auf das Angebot für die Verbraucher aus sondern auch auf die künftige Sortenentwicklung. Denn jede Neuzüchtung basiert auf einer oder mehrerer bereits vorhandener Sorten. Um die biologische Vielfalt bei Gemüse zu erhalten und auch damit gute samenfeste Sorten weiterhin für die Züchtungsarbeit verfügbar sind, betreibt Kultursaat seit einigen Jahren eine Sortensammlung, die sogenannte Erhaltungszuchtbank (EHZ-Bank).

    Jede vorhandene Sorte, bei der aus den auf ihr gedeihenden Samen neue Pflanzen hervorgehen können, die wieder dem Sortentyp entsprechen, ist "samenecht" oder "samenfest" oder "offen abblühend". Damit ist der Fortbestand der Kulturpflanzen durch alljährliche Aufbewahrung eines Teils der Ernte und Anbau im Folgejahr möglich. Würden die für diesen "Nachbau" verwendeten Samen jedoch wahllos gesammelt, ginge - insbesondere bei fremdbestäubenden Arten - die Eindeutigkeit der sortentypischen Eigenschaften verloren. Für (erhaltungszüchterisch) gepflegte Sorten muss bei der Samengewinnung besondere Sorgfalt angewandt werden: Jeder Züchter wählt deshalb bei der "Erhaltungszucht" nur besonders wohlgestaltete, gesunde und sortentypische Pflanzen für die Gewinnung von "Elitesaatgut" (= Basissaatgut) aus. Dieses Elitesaatgut sät wiederum der Saatgutvermehrer zur eigentlichen Saatgutgewinnung (Anbau zur Erzeugung von Verkaufssaatgut) aus.

    Langjährige Erhaltungszucht unter den Verhältnissen des Ökologischen und biologisch-dynamischen Landbaus ist die Basis unserer Arbeit. Auf diese Weise bleiben die Sorten im kontinuierlichen, naturgegebenen Strom von Keimen, Wachsen, Fruchten und Vergehen. Das ist eine günstige Voraussetzung dafür, dass sich die Pflanzen mit den permanent sich ändernden Lebensbedingungen auseinandersetzen und diese verinnerlichen. Samenfeste Sorten, die sich im Erwerbsanbau von Öko-Gemüse besonders bewährt haben, werden im Auftrag von Kultursaat auf ökologisch bzw. biologisch-dynamisch wirtschaftenden Betrieben in erhaltungszüchterische Pflege genommen. Auf diese Weise kann die biologische Vielfalt im Anbau erhöht werden, denn die Sorten stehen damit Klein- wie auch Erwerbsgärtnern in ökologischer Saatgut-Qualität zur Verfügung.

  • Entwicklung neuer Gemüsesorten

    Ausgehend von der Kombination Erwerbsanbau und Erhaltungszucht in einem biologisch-dynamischen Betrieb ist auch Neuzüchtung von offen abblühenden, sprich samenfesten Sorten eines der erklärten Ziele von Kultursaat. Methode der ersten Wahl ist die positive Massenauslese, die bei Selektion aus großen Beständen oft zum Erfolg führt. Mit diesem Vorgehen entstand z.B. die Möhrensorte Rodelika durch strenge Selektion auf harmonische Gestalt von Rübe und Blatt, hohe Süße sowie kräftig-nussiges Aroma. Auch spontan erscheinende "Abweicher" in einem großen und ansonsten einheitlichen Bestand können ein interessanter Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Sorten sein. Vor allem bei Selbstbestäubern wie der Tomate wird die Formenvielfalt meist zunächst durch Kombination erhöht und im weiteren Verlauf über Selektion und Einzelpflanzen-Nachkommenschaften in Richtung der gewünschten Linien fortentwickelt.

    Über die klassischen Zuchtziele Ertrag und äußerliche Einheitlichkeit hinaus (die für die Erwerbsgemüsebaupraxis und die behördliche Zulassung z.B. beim Bundessortenamt von Bedeutung sind) werden in der biodynamischen Pflanzenzüchtung in erster Linie solche Aspekte berücksichtigt, die positiv im Hinblick auf die Nahrungsqualität zu beurteilen sind. 

    Dies sind im Einzelnen:

    • samenfeste (fruchtbare, nachbaufähige, offen abblühende) Sorten,
    • Harmonie in Wachstum und Gestalt,
    • Reifefähigkeit,
    • ausgewogener, intensiver aromatischer Geschmack,
    • gutes Durchwurzelungs- und Nährstoffaneignungsvermögen,
    • robuste natürliche Widerstandskraft und hohe Anpassungsfähigkeit.

    Die Arbeit des Vereins ist im Sinne des Finanzamts gemeinnützig und unterliegt keinen Profitinteressen.

  • Veröffentlichung der Sortenentwicklung

    Biodynamische Pflanzenzüchtung findet nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern kann jederzeit auf den Zuchtbetrieben besucht und praktisch erfahren werden. Nicht der unternehmerische Gewinn (verbunden mit Geheimhaltung), sondern die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln ist das Leitmotiv der züchterischen Arbeit. Die Sorten sind mit bäuerlich-gärtnerischen Methoden entwickelte nachbaufähige "open-source" Sorten, deren Entwicklung nicht geheim gehalten sondern zwecks Transparenz veröffentlicht wird.

    Hier finden Sie zu jeder Neuzüchtung von Kultursaat eine Beschreibung ihres Werdeganges, die Sortenbiografie.

  • Züchtungsforschung

    Variationen innerhalb einer Formengruppe müssen nicht zwingend über Kreuzung zweier Pflanzen zustande kommen. Es gibt Hinweise darauf, dass manche über Generationen weitergegebenen Merkmalsausprägungen nicht über die DNA des Zellkerns vermittelt werden. Bei Kultursaat werden auch Projekte mit grundlegenden Fragen und Untersuchungen zu solchen Phänomenen durchgeführt. So konnten wir z. B. beobachten, dass die Beschallung von Saatgut mit Tonintervallen zu Veränderungen in Wachstum (Blattstellung, Blattformen, Blühzeitpunkt etc.) und Pflanzengesundheit bei Löwenzahn und Salat führen kann. Auch Aussaattermin, Einsatz der biologisch-dynamischen Präparate und Eurythmie (am eingeweichten Samen wie an der wachsenden Pflanze) werden in ihrem Einfluss auf das Pflanzenwachstum untersucht.