Kultursaat - Newsletter November 2018


Liebe Leserinnen und Leser,

auch in den Zuchtgärten ist der lange und besonders warme Sommer vorbei. Frucht- und Samenreife haben sich in der goldenen Herbstsonne vollziehen können. So geht auch das Ergebnis der Selektionsarbeit und anderer züchterischer Maßnahmen in die nächste Generation. Samenernte und ‑aufbereitung prägen nun den Arbeitsalltag, damit das Saatgut in vielen kleinen Einheiten trocken eingelagert werden kann bereit zur nächsten Aussaat. Wie das Vorgehen bei Gurken aussieht, erfahren Sie in diesem Newsletter.

Wir berichten außerdem über die Arbeit unserer Kohl-Fachgruppe, das mit Bundesmitteln finanziell geförderte Projekt Beta-Divers und den Fortgang der argentinischen Initiative Sembrar Eco.

Viel Freude beim Lesen!

Das Kultursaat-Team



Saatgut von Gurken für die weitere Züchtung


Im Sommer, der "Zeit der Fülle" wurden die schönsten Pflanzen, die sogenannten Eliten, selektiert und untereinander gezielt handbestäubt. Aus diesen Kreuzungsblüten wuchsen die Samenträgerfrüchte, in denen nun (bis in den Herbst hinein) das kostbare Saatgut für die Weiterzucht zur Reife gekommen ist.


Aufbereitung von Gurkensaatgut

 


Im Fruchtinnern sind die Samen von gallertartigem Gewebe umgeben, nährend und schützend beim Heranwachsen, jetzt nach der Ausreife aber nicht mehr nötig und vielmehr Nährboden für Fäulnis. Für die Aufbereitung des Saatgutes wird das Frucht-fleisch ausgekratzt. Jede Kreuzungsnachkommen-schaft wird einzeln im Glas einem Vergärungsprozess zugeführt, bei dem mittels häufigem und regel-mäßigem Umrühren und unter warmen Bedingungen der gallertige Mantel um das Samenkorn mikrobiell abgebaut (wie "verdaut") wird. Befreit sinken die schwereren Samenkörner nun im Gefäß zu Boden und können von den übrigen, anhaftenden Substanzen freigewaschen und abschließend behutsam getrocknet werden.



Kopfkohl in der Gesamtschau


Mitte September trafen sich bei noch hochsommerlichen Temperaturen alle Züchterinnen und Züchter, die an der Weiterentwicklung von Kopfkohlsorten arbeiten, zum fachlichen Austausch (siehe Foto oben). Ort dieses Fachgruppentreffens war der Dottenfelderhof, auf dem auch mehrere Kultursaat-Kohlzüchtungen entwickelt worden sind: Rodynda, Dottenfelder Dauer, Dowinda, Donator und Domarna.


Schwerpunkt der September-Zusammenkunft waren Rot- und Weißkohl; sowohl bereits fertige Sorten als auch Linien aktueller Zuchtprojekte und Sorten aus der aufgebauten Sammlung (EHZ-Bank) wurden in einer Gesamtschau wahrgenommen. Obwohl der Sommer für Kohl zu heiß war und die Niederschläge wie fast allerorts ausgeblieben sind, konnte in einem vorbildlich gepflegten, gut gewachsenen Bestand eine zielführende Bewertung vorgenommen werden. Die zahlreichen Beobachtungen und Diskussionsergebnisse der Fachgruppe werden in die weitere Züchtung mit einfließen.

Auf dem geschichtsträchtigen Dottenfelderhof haben die Forschungs- und Züchtungsaktivitäten diesen Herbst durch Flächenverkauf des Landes Hessen an die "Dottenfelder Bodenstiftung für die Ausbildung, Erforschung und Erprobung biologisch-dynamischen Landbaus" eine langfristige Sicherung bekommen. Das ist eine ermutigende Perspektive.


Aufgeschnittener Rotkohl

 

Wie weit ragt der Strunk in den Kohlkopf hinein, wie groß ist er und wie aufrecht? Diese Fragen werden bei der Selektion von Kopfkohl berücksichtigt.



Wie großfallend, glattschalig, tiefrot, laubstark, einheitlich etc. sind diverse Rote Bete Sorten?

 

Wie großfallend, glattschalig, tiefrot, laubstark, einheitlich etc. sind diverse Rote Bete Sorten?


Beta-Divers im zweiten Projektjahr


Beta-Divers ist eines von fünf durch das Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten F&E-Projekten, die derzeit bei Kultursaat in Kooperation mit verschiedenen Partnern laufen. Trotz extremer Trockenheit an den Züchtungsstandorten De Beersche Hoeve (NL) und Bingenheim sowie Starkregen direkt nach der Aussaat bei unserem Projektpartner Universität Hohenheim waren die Versuchsbestände diesen Herbst erstaunlich gut entwickelt. Die Ernte und Rübenbonituren sind erfolgreich abgeschlossen, für die weiteren inhaltsstofflichen Analysen und sensorischen Untersuchungen wurden Proben eingelagert.


Mitte September kamen die Projektpartner zu einem Workshop in Hohenheim zusammen. Neben einer Feldbegehung stand die Verkostung verschiedener Rote-Bete-Saftproben im Fokus des Treffens. Dabei zeigten sich bemerkenswerte Geschmacksunterschiede zwischen den verglichenen Sorten und Zuchtlinien. Insbesondere unser Praxispartner aus der Saftherstellung bereicherte die Zusammenkunft durch wertvolle Diskussionsbeiträge zur Verarbeitung dieses in der jüngeren Zukunft wieder stärker nachgefragten Gemüses.


Beta-Divers wurde am 23. und 24.10. auf den Innovationstagen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn vorgestellt; nähere Informationen und erste Ergebnisse zum Projekt können im Tagungsband nachgelesen werden.



Keimende Saat in Argentinien


Seit Jahresbeginn ist in Argentinien die Saatgutinitiative Sembrar Eco im Aufbau. Ausgehend vom Argentinischen Verein für Biodynamische Landwirtschaft (Asociación para la Agricultura Biológico-dinámica de Argentina, AABDA) entsteht derzeit ein Netzwerk für Kulturpflanzenentwicklung und Saatgutvermehrung. Über das Vorhaben berichteten wir in unserem Newsletter im Dezember 2017. Was ist seither geschehen?

Erfolgreiche Bohnenernte

 



Nach einem motivierenden Planungstreffen der Gründungsmitglieder im Frühjahr, haben die Aktivitäten im März (im dortigen Herbst) begonnen. Der erste Einführungskurs zu Pflanzenzüchtung und Samenbau wurde von 60 Teilnehmern besucht, der Folgetermin diesen November ist bereits ausgebucht. Ein Netzwerk von 7 Saatgutvermehrern aus 5 verschiedenen Provinzen hat die Arbeit aufgenommen mit dem Ziel, in der aktuell beginnenden Anbausaison 30 Sorten biologisch-dynamisch zu vermehren. Besondere Unterstützung erfährt das Projekt durch die staatliche landwirtschaftliche Beratungsstelle, u.a. im Bereich von Laboruntersuchungen, Saatgutreinigung, Zugang zur nationalen Genbank und Import von Saatgut aus dem Ausland.

Fürs kommende Jahr steht insbesondere der Aufbau des Saatgutvertriebs im Vordergrund. Die Firma wird sich um die Koordination der Vermehrung, Saatgutaufbereitung und Vermarktung kümmern. Zurzeit werden Spenden zur Finanzierung von Saatguteinkäufen, für einen Kühlraum sowie für Saatgut-Reinigungsgeräte gesammelt. Helfen, können Sie gern hier.

Mehr Informationen zum Projekt (auch auf Deutsch) erhalten sie auf der Website von Sembrar Eco.



Termine


Wintertreffen des Initiativkreises


Freitag, den 16. bis Sonntag, den 18. November in Fleckenbühl, Hessen


Der Initiativkreis für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem und organisch biologischem Anbau trifft sich jährlich zweimal, nämlich einmal im Sommer und einmal im Winter. Im November 2018 findet die Zusammenkunft auf Hof Fleckenbühl (nahe Marburg) statt. In die Veranstaltung eingebettet sind am Freitag die Hauptversammlung von bingenheimer saatgut AG und am Samstag die Mitgliederversammlung von Kultursaat e.V.

 

 


Saatguttagung der Zukunftsstiftung Landwirtschaft


Samstag, den 26. Januar 2019 in Kassel


Pflanzen zu züchten, die den verschiedenen Ansprüchen von Seiten der Anbauer*innen, Verarbeiter*innen und Verbraucher*innen gerecht werden, ist eine wahre Kunst und bedarf einer engen Kooperation entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wie dies gelingen kann, wird am 26. Januar 2019 auf der jährlich stattfindenden Saatguttagung im Anthroposophischen Zentrum diskutiert. Anmeldung über die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.

 


BioFach


Mittwoch, den 13. bis Samstag, den 16. Februar 2019


Auf der weltweit größten Fachmesse für Bio-Lebensmittel in Nürnberg wird Kultursaat sowohl auf der Sonderausstellung "Bio von Anfang an" am Eingang als auch am Stand 311 in Halle 7 vertreten sein.