Kultursaat - Newsletter Juni 2017


Liebe Leserinnen und Leser,

Falscher Mehltau bei Salat gehört zu den großen Herausforderungen für Anbau und Züchtung; der Pilz kann zum Totalausfall der Ernte führen. Die Züchtung auf Resistenzen bietet seit Jahren keinen ausreichenden Schutz mehr, da der Erreger äußerst variabel ist. Neue Denk- und Lösungsansätze werden erforderlich. Kultursaat-Züchterin Ulrike Behrendt und Dr. Ute Gärber vom Julius Kühn-Institut haben - dank Unterstützung über das BÖLN - neue Wege mit Liniengemischen und Kreuzungspopulationen beschritten. Erfahren Sie mehr dazu im Beitrag „Mit Bio-Züchtung gegen Mehltau?“ (Lebendige Erde 2/2017). Vielleicht entdecken Sie bald „bunte (Salat‑)Kisten“ bei Ihrem Händler...

In diesem Newsletter haben wir weitere erfreuliche Meldungen zusammengestellt, nämlich zu den Arbeiten auf dem Kultursaat-Standort Ralzhof am Bodensee, der Open Source Lizenz für Saatgut und dem Pionier der biologisch-dynamischen Gemüsezüchtung Ilmar Randuja.

Und wenn Sie den Sommer nutzen möchten, um die vielfältige Arbeit von Kultursaat praktisch kennenzulernen, schauen Sie sich in der Rubrik Termine auf unserer Website um. Vielleicht ist etwas Passendes für Sie dabei?!

Viele Grüße

Ihr Kultursaat-Team

 

 


Open source Lizenz für Saatgut


„Open Source“ verbindet man mit Linux, ubuntu, Mozilla, Open Office... mit Software, deren Quellcode offen zugänglich ist. Diese Computerprodukte stehen der Allgemeinheit zur Verfügung, um weiterentwickelt, weitergegeben und sogar kommerziell vertrieben zu werden. Auflage bei der Weiterentwicklung und Weitergabe ist, dass jedem späteren Nutzer dieselben Rechte eingeräumt werden. Der Quellcode der neuen Software bleibt öffentlich, jede Weiterentwicklung bleibt der (Nutzer-)Gemeinschaft erhalten.


Kultursaat-Züchter folgen seit Vereinsgründung der Devise „Sorten sind Kulturgut“, insofern besteht eine gewisse Nähe zur „Commons“- und „Open-Source“-Bewegung. AGRECOL e.V. hat nun die Open Source Idee in eine Lizenz auf Saatgut übertragen; das Saatgut neugezüchteter und entsprechend lizensierter Sorten soll als gesichertes Gemeingut etabliert werden (vgl. Beitrag in EINBLICKE 2016). Unter dieser Lizenz stehendes biologisches Material kann weder patentiert, noch unter Sortenschutz gestellt werden.

 

Logo der neuen Open Source Lizenz für Saatgut



Am 26. April wurde die neue Lizenz im Rahmen des 15. Zivilgesellschaftlichen Außenwirtschaftsforum in Berlin vorgestellt. Die erste lizenzierte Sorte ist die Tomate Sunviva, die von Bernd Horneburg im Rahmen des ökologischen Freilandtomatenprojektes an der Universität Göttingen gezüchtet wurde.

 

 


Über das Arbeiten mit dem Pflanzenwesen


„Wenn es gut läuft, entwickelt sich eine neue Sorte zu einer Persönlichkeit, die ich nach und nach kennenlerne.“ So erlebt die Kultursaat-Züchterin Vera Becher ihre Arbeit. Am Ralzhof – der zum Hofgut Rengoldshausen nahe Überlingen am Bodensee gehört – züchten und forschen Vera Becher und Iris Attrot an zahlreichen Kulturen, wie Gurke, Tomate, Paprika, Spinat, Buschbohne und Chicorée. Warum sie es wichtig finden, in der biologisch-dynamischen Gemüsezüchtung tätig zu sein und welche Herausforderungen sie für die kommenden Jahre sehen, können Sie im Interview im aktuellen Infobrief vom Saatgutfonds nachlesen.


 

Vera Becher und Iris Attrot vor blühendem Fenchel


Im gelungenen Porträt der beiden Züchterinnen wird deutlich, dass die Sortenentwicklung bei ihnen in einem kontinuierlichen Dialog mit der Pflanze geschieht, damit sie in diesem Prozess ihr Wesen entfalten und uns bestmögliche Nahrungsqualität schenken kann.


Der Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft unterstützt die ökologische Pflanzenzüchtung und so auch Kultursaat seit 1996. Der Infobrief erscheint zweimal jährlich und berichtet aus der Arbeit der unterstützten Initiativen sowie über aktuelle Entwicklungen auf dem internationalen Saatgutmarkt.

 

 


Lebenswerk des Pioniers Ilmar Randuja


Autorin Michaela Spaar hat vom Leben und Wirken des inzwischen 90-jährigen Gemüsezüchters Ilmar Randuja so Vieles in Erfahrung bringen können, dass ein eindrückliches Lebensbild entstanden ist. Die Leserinnen und Leser tauchen ein in Randujas behütete Kindheit in Deutschland, seine herausfordernden Jugendjahre in Estland und seine harten Lehr- und Wanderjahre, die ihm schließlich den Weg zum Gemüsezüchter eröffneten.

Randujas Pionierarbeit ist nicht hoch genug zu würdigen. Bereits in den 1950er-Jahren erkannte er, dass der biologisch-dynamische Gartenbau eigenes Saatgut und damit eine eigene Pflanzenzüchtung braucht. So begann er als leitender Gärtner an der Ita Wegman Klinik in Arlesheim in seiner Freizeit mit den ersten Züchtungsbemühungen, um dann am Ekkharthof die biologisch-dynamische Gemüsezüchtung in den 1970er- und 1980er-Jahren weiterzuentwickeln.


 

Ilmar Randuja im Jahr 2014 auf dem 20-jährigen Jubiläum von Kultursaat


Wie sehr der Saatgutpionier die Pflanzenzüchtung als Kulturaufgabe ansieht, wird in seinen tiefsinnigen Veröffentlichungen deutlich. So runden zwei seiner Aufsätze diese reich bebilderte biografische Skizze ab.


Erhältlich für 15 CHF bei Demeter Schweiz oder über den Buchhandel.

Spaar, Michaela. Ilmar Randuja – Ein Leben für die biologisch-dynamische Saatgutzüchtung. Liestal 2017, 84 Seiten, ISBN 978-3-9524758-1-2.

 

 


Termine

 

Gemüsezüchtung bei der Oldendorfer Saatzucht

Die Oldendorfer Saatzucht nahe Bremen lädt am 25. Juni zu einer Führung mit dem Schwerpunkt Schlangengurkenzüchtung ein. Treffpunkt ist um 15 Uhr an der Oldendorfer Landstrasse 10 in 27729 Holste.


40 Jahre Forschung und Züchtung auf dem Dottenfelderhof

Die Abteilung Forschung & Züchtung Dottenfelderhof feiert am 1. Juli 40jähriges Jubiläum und lädt herzlich zu diesem Feldtag ein. Hier geht’s zur Anmeldung.


Initiativkreis-Sommertreffen

Das Treffen des Initiativkreises für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem und organischem Anbau wird dieses Jahr vom 21. bis zum 23. Juli in Bingenheim stattfinden.


Gemüsezüchtung in der Gärtnerei Kronacker

Am Samstag den 12. August ab 15 Uhr findet eine Führung durch die Gärtnerei Kronacker (nahe Bremen) statt. Erfahren Sie mehr über die Gemüsezüchtung von Annette Maaß und erleben Sie die Geschmacksvielfalt im Gemüse.


Gemüsezüchtung auf der Domäne Fredeburg

Begleiten Sie am Samstag den 19. August ab 11 Uhr Johanna Steffan und Arne von Schulz auf die Gemüsefelder und in die Folienhäuser der Domäne Fredeburg, nahe Lübeck. Sie werden Interessantes über den vielseitigen Gemüseanbau sowie Gemüsezüchtung und Saatgut-Vermehrung erfahren.


Züchtungs- und Sortentage

Für 2017 sind wieder zwei Züchtungs- und Sortentage geplant, nämlich am 6. September in der Gärtnerei Watzkendorf in Blankensee (Mecklenburg-Vorpommern) sowie am 19. September am Reyerhof in Möhringen (Baden-Württemberg). Sie haben dort die Möglichkeit, sich über neue biologisch-dynamisch gezüchtete, samenfeste Sorten zu informieren, die aktuelle Entwicklung der ökologischen Gemüsezüchtung mitzuerleben und sich mit Kollegen auszutauschen.