Kultursaat - Newsletter Oktober 2016


Liebe Förderer, Interessierte, Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,

Sommer und Spätsommer haben uns einige Tage beschert an denen bei sonnigem Wetter manch Ergebnis unserer Arbeit angeschaut werden konnte. Eine solche Gelegenheit boten insbesondere dem Fachpublikum unsere Züchtungs- und Sortentage. Die bingenheimer Zuchtgärten bekamen Besuch der Naturata-Ladner, die sich seit etwa 10 Jahren unter dem Namen FAIR BREEDING® für die biodynamische Gemüsezüchtung engagieren. Aber auch Züchterinnen und Züchter von Kultursaat trafen sich in den vergangenen Wochen innerhalb der verschiedenen Fachgruppen auf den Äckern. Der fachspezifische Austausch zu diversen Kulturen bringt die Züchtungsprojekte weiter und stärkt die Zusammenarbeit in mehrfacher Weise.

Gern weisen wir hiermit auf unsere Mitgliederversammlung hin, die im Rahmen des Wintertreffens des Initiativkreises für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem und ökologischem Anbau stattfinden wird, und zwar am 19. November in Bingenheim. Ob Mitglied oder nicht, fühlen Sie sich eingeladen!

Mit vielen herbstlichen Grüßen

Das Kultursaat-Team

 

 


Züchtungs- und Sortentage


Seit 2006 finden Züchtungs- und Sortentage auf Bio-Betrieben statt, um interessierten Praktikern Einblicke in die Vielfalt von samenfesten und ökologisch gezüchteten Gemüsesorten zu geben. Die Veranstaltung ist eine Koproduktion von bingenheimer saatgut und Kultursaat – und dieses Jahr kamen je etwa 50 Besucher zur Gärtnereigemeinschaft Letten (bei Bad Tölz in Bayern) und zur Gärtnerei Duftgarten (Hüllhorst in Ostwestfalen). Auf beiden Betrieben hatte der Frühsommer mit Wetterkapriolen Spuren hinterlassen. Gleichwohl gab es viel zu sehen: Unter den Salaten fielen die Bataviasorten Tarengo und Saragossa durch gesunde, optisch ansprechende Köpfe auf. Beim Weißkohl stach Nagels Frühweiß hervor; diese „wiederbelebte“ Sorte bildet kompakte, schöne, hellgrüne Köpfe und bringt einen angenehm milden Geschmack. Zucchini Serafina zeigte einmal mehr ihre Stärken: Diese Sorte hat einen offenen Wuchs, wodurch die Früchte leicht zu finden und zu ernten sind. Trotz Mehltaubefall war der Bestand in Letten beeindruckend vital und sogar produktiver als derjenige der daneben stehenden beiden F1-Hybriden. Nächstes Jahr sind wieder Züchtungs- und Sortentage geplant, Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben.



FAIR BREEDING® soll fortgesetzt werden


Vor 10 Jahren haben sich die beiden Vereine Naturata International - Gemeinsam Handeln und Kultursaat zusammengetan, um die biodynamische Gemüsezüchtung voranzubringen. Daraus entstand die FAIR BREEDING® Partnerschaft, wodurch die Entwicklung neuer samenfester Blumenkohlsorten bei Kultursaat intensiviert werden konnte. Die Ladner gaben ihrem Anliegen Ausdruck durch die Selbstverpflichtung, über 10 Jahre einen Teil ihrer eigenen Wertschöpfung an die Gemüsezüchtung abzugeben, ohne irgendwelche Rechte daraus abzuleiten. Die Zusammenarbeit ist einzigartig und von großem gegenseitigem Interesse gekennzeichnet.

 

Die Ladner von Naturata zu Besuch im Zuchtgarten.
(Foto: Marek Thielemann)



Dies war am 13. und 14. September auf einer Zusammenkunft der Kooperationspartner in Bingenheim spürbar. Die Naturata-Ladner bekamen lebendige Einblicke in die laufende praktische Arbeit, sowohl im Gespräch als auch durch Besuch der Zuchtgärten der in Bingenheim ansässigen Züchter. "Mit Blick auf die beängstigende Konzentration am Saatgutmarkt, neue Gentechnikverfahren wie CRISPR oder auch die Frage nach der Qualität der Bio-Produkte ist der aktive Einbezug der Öko-Pflanzenzüchtung in die Wertschöpfungskette nur eine logische Konsequenz. Deshalb geht es mit FAIR-BREEDING® auf jeden Fall weiter. Aber wir freuen uns über jede ähnliche Initiative, denn die Herausforderungen sind zahlreich!", so Heinz Knauss von Naturata Überlingen.



 

Die Wirsing-Sorten im Zuchtgarten von Thomas Heinze werden genau angeschaut.
(Foto: Sara Meißner)


Fachgruppentreffen in Bingenheim


Von Aubergine bis Zuckerhut über Mangold und Knoblauch. Die Züchter von Kultursaat arbeiten an vielen Gemüsearten. Um den fachlichen Austausch untereinander zu ermöglichen, organisieren sich die Züchter in Fachgruppen. Dort wird das Wissen um die Züchtung an der jeweiligen Kulturart geteilt, einzelne Projekte werden über die Jahre begleitet, begutachtet und bewertet.

Am 14., 15. und 16. September trafen sich in Bingenheim die Fachgruppen für Kopfkohl, Lauch (Porree) und Möhre. Zuchtlinien und Sorten, die zu Versuchszwecken angebaut worden waren, wurden gemeinsam bewertet.


Die Kopfkohlzüchter haben dieses Jahr den Schwerpunkt beim Wirsing gelegt: Mehr als 15 Sorten und Linien zeigten ihre Vielfalt in Anbau und „Nutzbarkeit“ – eine zu Unrecht wenig angebaute Kulturart… Ein großer Herbstlauchversuch stand im Mittelpunkt der Lauchfachgruppe: 12 Sorten wurden im Vergleich bewertet und die Favoriten für eine Markteinführung benannt. Bei Porree gibt es noch einige hervorragende samenfeste Sorten, die es für den Erwerbsanbau verfügbar zu halten gilt, denn Hybriden verdrängen diese mehr und mehr. Die Möhrenfachgruppe tauschte sich über Ergebnisse der diesjährigen Frühmöhren-Anbauvergleiche aus und besprach die weiteren Schritte zur Markteinführung von lila, gelben und weißen Möhren.



Zusammenschlüsse in der Agrarbranche


Beinahe vergessen war das (ausgeschlagene) Übernahme-Angebot von Monsanto an Syngenta im Mai des letzten Jahres, da kamen 2016 Meldungen zur Agrarindustrie geradezu am laufenden Band. Immer offensichtlicher zeigt sich damit die Bedeutung des Saatguts als „globaler Achillesfärse“: Seit Ende 2015 sind die Fusionspläne der beiden US-Konzerne Dow Chemical und DuPont offiziell bekannt. Der Zusammenschluss soll rund 68 Milliarden Dollar kosten und noch diesen Winter von der EU Kommission hinsichtlich Wettbewerbsverzerrungen geprüft werden.

Im August hat der US-Regierungsausschuss CFIUS (zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen in den USA) einen anderen 43-Milliarden-Dollar-Deal freigegeben: Der chinesische Chemie-Riese ChemChina will den schweizerischen Konzern Syngenta aufkaufen. Wenn keine kartellrechtlichen Einwände kommen, soll die Transaktion noch dieses Jahr abgeschlossen werden. Mitte September kam es dann nach monatelangen Verhandlungen von Monsanto und Bayer zu einer Einigung, die sich das deutsche Unternehmen 66 Milliarden Dollar kosten lässt – eine solch große Summe wurde noch nie zuvor von einer deutschen Firma für Fusionen investiert. Ob auf diesem Wege tatsächlich kein gentechnisch manipuliertes Saatgut in Europa eingeführt wird, wie Vorstandsvorsitzender Werner Baumann dieser Tage beteuerte, bleibt abzuwarten. Die sich aus diesen Entwicklungen abzeichnende Marktmacht ist allerdings erdrückend, denn letztlich sind es die konkurrierenden Global Player, die sich gegenseitig aufkaufen.

Die dominierenden Saatgutmultis und Chemie-Giganten dürften wohl eher erdölbasierte Landwirtschaft mit (alten und) neuen gentechnischen Verfahren und Patenten im Visier haben als einen qualitätsorientierten Ökolandbau. Für uns sind all diese Meldungen um „Mega-Mergers“ und „Big-Deals“ Ansporn, Züchtung anders zu denken und fortzuführen: gemeinschaftsgetragen, frei finanziert und biologisch-dynamisch.


 

Die Verflechtung von Saatgut und Agrarchemie wird am Beispiel der Global Player klar.
(Quelle: ETC group 2015)




Termine

 

Winter-Initiativkreis-Treffen

Vom 18. bis zum 20. November werden wir in der Sampohalle in Bingenheim im Rahmen des Winter-Treffen des Initiativkreises zusammen kommen. Am Samstagvormittag wird unsere jährliche Mitgliederversammlung stattfinden, zu der Sie herzlich eingeladen sind – neben Mitgliedern sind auch Gäste willkommen!


Saatgut-Tagung

Die Saatgut-Tagung 2017 der Zukunftsstiftung Landwirtschaft (Saatgutfonds) wird am 28. Januar in Kassel stattfinden.