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Liebe Förderer, Interessierte,
Mitglieder, liebe Leserinnen und
Leser,
abseits des Straßenverkehrs, zwischen
hügeligen Wiesen und unweit vom Bodensee liegt der
Ralzhof. Dort fand vom 29. bis 31. Juli das
Sommertreffen des Initiativkreises für Gemüsesaatgut aus
biologisch-dynamischem und organischem Anbau statt. Zu
diesem Anlass pausierten in dem einen oder anderem
Kultursaat-Zuchtgarten die Bonituren und Pflegearbeiten,
denn auch mancher Züchter suchte den nährenden
fachlichen und persönlichen Austausch auf dem Ralzhof.
Im
Vorfeld zum Initiativkreis-Sommertreffen fand dieses
Jahr ein von AGRECOL veranstalteter Workshop zum Thema
Open Source und Saatgut statt. Gemeinsam mit
internationalen Teilnehmenden bewegten wir hier unter
der Leitung von Johannes Kotschi die Frage, mit welchen
rechtlichen Instrumenten Sorten und Saatgut als
Gemeingut gegenüber Privatisierung geschützt werden
können. Hierzu erfahren Sie im Folgenden mehr, genauso
wie über die aktuellen Arbeiten im Zuchtgarten bei
Gurken.
Viel Freude beim Lesen
Das
Kultursaat-Team
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Die Züchterinnen und Gastgeberinnen auf dem Ralzhof:
Vera Becher (l.) und Iris Attrot (r.) (Foto:
Marek Thielemann)
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Sommertreffen am Bodensee
Vor etwas mehr als dreißig Jahren
haben sich biodynamische Gärtner für die Bündelung der
Vermehrung samenfester Gemüsesorten zusammengefunden.
Diese Gruppe ist der Initiativkreis
für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem und
organisch-biologischem Anbau und trifft sich
jährlich im Sommer zum Austausch insbesondere über
praktische Fragen. Dieses Jahr fand das Treffen nach 11
Jahren wieder auf dem Ralzhof bei Überlingen statt und
zwar vom 29. bis 31. Juli. Damals war dort Brigitte von
Wistinghausen züchterisch tätig, heute sind es Vera
Becher und Iris Attrot die sich zahlreicher Kulturen
angenommen haben wie Fenchel, Tomate, Gurke, Paprika,
Salat, Spinat und Lauch.
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Der Ralzhof bot den Teilnehmenden einen
traumhaften Rahmen, um sich mit diversen Aspekten der
Saatgutvermehrung auseinanderzusetzen sowie über
aktuelle Projekte bei Kultursaat und der Bingenheimer
Saatgut AG informiert zu werden. Eindrucksvoll und
abwechslungsreich war auch eine Führung über die
Vermehrungsflächen des Keyserlingk-Instituts durch
Berthold Heyden: eine inspirierende Einführung in seine
anthroposophisch-geprägte Herangehensweise.
Sternhimmelsbeobachtungen mit Brigitte von
Wistinghausen, Austausch am Lagerfeuer, Volkstanzen und
Musik rundeten das Wochenende ab und beglückten Herz und
Seele.
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Sorten als Gemeingut
Das Motto „Sorten sind Kulturgut“
begleitet uns bei Kultursaat seit Jahren. Darunter
verstehen wir, dass wir unsere Arbeit im kulturellen
Kontext und im Strom der über Jahrtausende fortwährenden
Kulturpflanzenentwicklung eingebettet sehen.
Sorten sollten unseres Erachtens
aber auch ein Gemeingut bleiben und daher nicht für
einseitige Profitinteressen privatisiert werden (können)
sondern allen Nutzer zugänglich sein und bleiben. Ein
Gemeingut benötigt allerdings Gestaltung: Basisgetragene
Vereinbarungen und Strukturen sind nötig, die der
Nutzergemeinschaft einen nachhaltigen Zugang gewähren.
Eine solche Abmachung könnten Open Source Regeln werden,
wie z.B. die von AGRECOL entwickelte Open Source Lizenz
für Saatgut.
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Über diese Thematik haben sich vom 26.
bis zum 28. Juli auf dem Hofgut Rengoldshausen 20
Menschen aus Indien, den USA, Venezuela, den
Niederlanden, Schweiz und Deutschland im Rahmen eines
2-tägigen Workshops ausgetauscht. Andrew Still und Jack
Kloppenburg berichteten über den Open
Source Versprechen (engl. „pledge“), das sie in
den USA bereits zur Abgabe von Saatgut verwenden. Diese
Vereinbarung erlaubt Dritten ausdrücklich, das Saatgut
nicht nur auszusäen, sondern daraus zu vermehren und die
Pflanzen auch züchterisch weiterzuentwickeln. An diese
Freiheiten ist die Bedingung geknüpft, dass entsprechend
gewonnenes Saatgut ebenfalls unter dem Pledge verbreitet
wird... das Prinzip entfaltet eine „virale“ Wirkung. In
Venezuela wurde am 23. Dezember 2015 eine neue Saatgutgesetzgebung
verabschiedet, die sowohl genmanipuliertes Saatgut als
auch Patente auf Leben verbietet. Darüber berichtete Ana
Felicién vom Venezolanischen
Forschungsinstitut (Instituto Venezolano de
Investigaciones Científicas). Diese
außerordentlich fortschrittliche Neuerung soll durch
eine staatlich anerkannte Open Source Lizenz erweitert
werden. Auch für Europa wurden Ideen und Konzepte für
eine Open Source Lizenz vorgestellt und diskutiert, denn
auch hierzulande sind angesichts der heutigen
Patentierungspraxis Alternativen und „geschützte Räume“
notwendig.
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Ob in Groß- oder Kleingruppen wurde während des
Workshops heiß diskutiert.
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Verschlusssache: Die Fruchtblüte der Gurke wird mit
Klammern vor ungewollter Pollenübertragung durch
Insekten geschützt
Gewürzgurken: Früchte zur Bonitur ausgelegt.
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Gurken im Hochsommer
Für Gurkenzüchter ist Hochsommer
die Zeit der Handbestäubungen. Nach aufwendigen
Bonituren und Auswertungen der Daten über Erntemengen,
Geschmack, Gesundheit und äußere Merkmale werden die
Pflanzen für die Weiterzucht ausgesucht und zum
schnellen Auffinden im Bestand gut sichtbar markiert.
Damit noch im selben Jahr Saatgut gewonnen
werden kann und so ein „Züchtungsfortschritt“
festzuhalten möglich wird, müssen bis Mitte August die
Handbestäubungen der Elitepflanzen untereinander
durchgeführt worden sein. Dafür werden am Abend noch
ungeöffnete Pollen- und Fruchtblüten mit Klammern
verschlossen, um Insektenbestäubung auszuschließen. An
den darauffolgenden ein bis zwei Tagen werden dann die
Pollen einer Pflanze auf die Blütennarbe einer
ausgewählten anderen Pflanze vorsichtig übertragen.
Um genügend Saatgut und die erwünschte
Zuchtrichtung zu erhalten, wiederholen die Züchter das
Vorgehen mehrmals, denn ob die Bestäubung erfolgreich
war, wird sich erst im Herbst beim Öffnen der
ausgereiften Früchte zeigen.
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Züchtungs- und
Sortentage
Am 24. August findet in
der Gärtnereigemeinschaft Hofgut Letten in Bad Heilbrunn
der erste diesjährige Züchtungs- und Sortentag statt; am
7. September folgt der zweite in der Gärtnerei Duftgarten in
Hüllhorst. Vielfältige Vergleichsanbauten ermöglichen
dort, sich über neue biodynamische, samenfeste Sorten zu
informieren, die aktuelle Entwicklung der ökologischen
Gemüsezüchtung mitzuerleben und sich mit Kollegen
auszutauschen. Weitere Informationen finden Sie auf
unserem Flyer und im Video.
Vortrag über
Gemüsezüchtung
Am 27. August ist
Sommerfest auf dem Gärtnerhof Röllingsen. In diesem
Rahmen wird Michael Fleck einen Vortrag halten unter dem
Titel „Saatgut und Züchtung – Business von Global
Playern aber auch Chance zum eigenen Handeln“.
Tomatenfachtag
Am 30. August findet
ein Tomatenfachtag mit Schwerpunkt ökologische Züchtung
in der Oldendorfer
Saatzucht statt: Übersicht und Austausch im
Bereich Bio-Tomaten. Weitere Informationen finden Sie hier.
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